Aufgrund der sehr spezifischen Umweltbedingungen, der geschützten und nahezu isolierten Lage mit nur zwei kleinen Verbindungen zum Meer, hat sich hier eine ganz besondere Riffgemeinschaft entwickelt und es ist es offensichtlich, dass Ngermid Bay ein einzigartiger Lebensraum ist.
Von den Mangroven und der Vegetation der Rock Islands kommt ein großer Eintrag an organischem Material, das von verschiedenen Wirbellosen, Mikroorganismen und schließlich Bakterien in anorganische Nährstoffe zersetzt wird. Dieses Bakterio- und Mikrozooplankton bildet die Grundlage für eine blühende Gemeinschaft von Schwämmen und anderen Filtrierern wie Muscheln, Röhrenwürmern, Seepocken – und Steinkorallen. Dieser hohe Nährstoffgehalt, kombiniert mit einem offensichtlich sehr niedrigen Wasserwechsel, machen dieses Riff zu einer sensiblen und empfindlichen Umgebung, die es zu schützen gilt. Das ganze Labyrinth der Buchten innerhalb der gesamten Nikko-Bucht ähnelt in gewisser Weise einem riesigen Aquarium und über Jahrtausende hinweg entstand hier diese erstaunliche Riffgemeinschaft.
Nach ersten Schnorchel-Touren am 20. und 21. Oktober am Long Island Park und in der Ngaremeduu Bay Conservation Area besuchte ich die Coral Reef Research Foundation in Koror, was die führende Korallenriff-Forschungseinrichtung auf Palau ist. Nach einer Führung und Einführung in die Station und ihre wissenschaftliche Arbeit fragte ich Dr. Patrick L. Colin, wo man in der Nähe gut Schnorcheln konnte. Er gab mir den Tip und den Kontakt zu dem Anwohner Cliff Terry, von dessen Bootssteg als Basis ich gut ins Wasser gehen konnte.
Ich bin mit dem Fahrrad an diesen unberührten Ort gefahren (leider gibt es fast keine Fahrräder in Palau, obwohl das Land in Sachen Meeresschutz führend ist…), wobei das Fahren auf der Hauptstraße von Koror der gefährlichste Teil dieser Exkursion war…
Ausgehend von dem Bootssteg habe ich drei Schnorcheltouren durchgeführt, um das Meeresleben hier zu dokumentieren, unterbrochen nur durch kurze Pausen zum Wechseln der Batterie und der Kameraobjektive, insgesamt 260 Minuten im Wasser bis kurz vor Sonnenuntergang:
- Weitwinkel-Tour 60 min
- Fisheye-Tour 150 min
- Makro-Tour 50 min
Nur in Kürze, was es auf diesen Bildern zu sehen gibt:
- Übergang Mangroven – Seegraswiese – Riffhang
- Starke Konkurrenz zwischen Korallen und Schwämmen, zahlreiche Algen und Muscheln
- Übergang von den Mangroven, über den Schlammboden, die Seegraswiese, bis hin zum Riff.
- Im Allgemeinen eine starke Konkurrenz um Lebensraum zwischen Hartkorallen und Schwämmen, sowie eine hohe Rifferosion durch Schwämme.
- Bis zur östlichen Ecke dieser dreieckigen Bucht im Riff (siehe Karte) gab es eigentlich nichts besonders Unerwartetes – hauptsächlich Porites spp. Steinkorallen mit verschiedenen Wuchsformen von verzweigt bis massiv, im Wettbewerb um Siedlungsraum vor allem mit Schwämmen, aber auch mit Muscheln, Röhrenwürmern und Algen. Alles bedingt durch den Abbau von Mangrovenblättern und den daraus resultierenden Nährstoffen, dem Bacterio- und Microzooplankton.
- Jenseits der Ecke dieser Bucht gab es dann aber eine zunehmende Vielfalt an verschiedenen Steinkorallen, hauptsächlich LPS (Large Polyp Scleractinians) aus verschiedenen Gattungen: Lobophyllia, Favia, Favites, Acanthastrea, Montastrea, Goniastrea, Platygyra, Goniopora, Hydnophora, Fungia, Ctenactis, Heliofungia, Zoopilus und sicherlich viele mehr.
- Daneben noch einige SPS (Small Polyp Scleractinians), überwiegend Porites spp. sowie einige Pocillopora– und Anacropora-Kolonien, sowie zwei Arten von Acropora, die überwiegend unter nährstoffarmen Bedingungen vorkommen, wie an den Außenriffen.
- Neben dieser Vielfalt an Hartkorallen war es auch bemerkenswert, dass es praktisch keine Weichkorallen gibt. Vielleicht ist dies auf die nahezu fehlende Strömung zurückzuführen, da Weichkorallen in ihrem Fressverhalten von der Wasserbewegung abhängen, die ihre winzige Nahrung aus hauptsächlich Phytoplankton direkt in ihre gefiederten Tentakel trägt? Im Gegensatz dazu können die LPS-Steinkorallen nachts mit ihren Tentakeln und Nesselgift größeres Zooplankton aktiv lähmen und fressen.
„Korallen-Wunderland“
- Großpolypige Steinkorallen, Seepeitschen, Schwarze Korallen
- Kinderstube für Büffelkopf-Papageifische, Napoleon-Lippfische und Riffhaie
- Schließlich, am Rande der Rock Island, war ich dann völlig fassungslos…….. ein absolut atemberaubendes Wunderland aus verschiedenen LPS-Korallen sowie zwei verschiedenen Arten von Seepeitschen und Schwarzen Korallen, welche normalerweise in der mesophotischen Riffzonen oder unter extremen Strömungsverhältnissen vorkommen. Hier, in nur 3-5m Tiefe.
- Bisher ging es um Korallen…. ganz zu schweigen von all den überwiegend juvenilen Fischen aus den verschiedensten Familien, z.B. Scheinschnapper, Schnapper, Kaiser- und Falterfische, Papageien- und Lippfische, Kaninchen- und Doktorfische und natürlich die allgegenwärtigen Riffbarsche, Kardinalbarsche, Schleimfische und Grundeln.
- Besonders bemerkenswert waren die zahlreichen Schulen von juvenilen Büffelkopf-Papageifischen (Bolbometopon muricatum) aller Größenklassen bis hin zu mehreren subadulten Individuen, sowie mehrere juvenilen Napoleon-Lippfischen (Cheilinus undulatus), darunter ein subadultes Exemplar, bzw. geschlechtsreifes Weibchen. Ganz zu schweigen von dem seltenen Achtbinden-Falter (Chaetodon octofasciatus). Am Rande des Rock Islands zog ein ca. 1,5m langer Weißspitzenriffhai (Triaenodon obesus) vorbei.
- Das lokale Salzwasserkrokodil (Crocodylus porosus) mit einer angeblichen Größe von 3m habe ich zwar nicht gesehen, aber es hat mich sicherlich wahrgenommen…..
Zur Dokumentation der Fische hatte ich leider meistens die „falsche“ Linse drauf (Fisheye oder Weitwinkel)… die Tour mit dem Makro-Objektiv war mit 50 min die Kürzeste, auch das Zoom-Objektiv, welches für die Fisch-Dokumentation geeignet gewesen wäre, kam aus Zeitgründen nicht zum Einsatz.
Also konzentrierte ich mich während der Makro-Tour auf die festsitzenden und langsam laufenden Wirbellosen und auf die Korallen.
Und bei der Weitwinkel- und Fisheye-Tour auf die Dokumentation dieses ganz besonderen Lebensraums.
Wenn es nicht regnete, war die Wasseroberfläche so flach, dass man die Vegetation des Rock Islands durch die Oberfläche fotografieren konnte. So ermöglichte das Fisheye Objektiv einige wirklich erstaunliche Fotos.
Vielen Dank an Cliff Terry für die Unterstützung und Bereitstellung seiner Infrastruktur und an Dr. Pat Colin von der Coral Reef Research Foundation für den Tip, diesen einzigartigen und erstaunlichen Ort zu besuchen!